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  • Durchsetzung finanzieller Ansprüche für Verbrechensopfer

    Allgemeines

    Zur Durchsetzung finanzieller Ansprüche (z.B. Schmerzengeld, Heilungskosten) können sich Verbrechensopfer als Privatbeteiligte dem Strafverfahren gegen die beschuldigte Person anschließen oder gegen die Schädigerin/den Schädiger einen Zivilprozess führen.

    Die Strafprozessordnung (StPO) kennt verschiedene Arten von Opfern, je nach Kategorie leiten sich unterschiedliche Opferrechte für diese ab:

    • Gewaltopfer
    • Sexualopfer bzw. besonders schutzbedürftige Opfer:
      • Diesen stehen weitergehende Informationsrechte zu und
      • sie haben das Recht zu verlangen, im Ermittlungsverfahren nach Möglichkeit von einer Person gleichen Geschlechts vernommen zu werden,
      • dürfen die Beantwortung von Fragen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich oder nach Einzelheiten der Straftat verweigern, sofern sie das für unzumutbar erachten,
      • sind im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung auf ihren Antrag "schonend" zu vernehmen und sind nach Durchführung einer solchen Vernehmung von einer weiteren Pflicht, als Zeugin/Zeuge auszusagen, befreit,
      • dürfen den Ausschluss der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung verlangen,
      • dürfen einer Vernehmung eine Person ihres Vertrauens beiziehen.
    • Angehörige von Tötungsopfern
    • sonstige Opfer

    Die Behörde (Gericht, Staatsanwaltschaft, Sicherheitsbehörde) ist verpflichtet, das Verbrechensopfer bei Freilassung oder einer Flucht der Beschuldigten/des Beschuldigten aus der Verwahrungs- oder Untersuchungshaft – von Amts wegen – zu verständigen. Dies gilt für alle besonders schutzbedürftigen Opfer. Solche Opfer können auch beantragen, über das erste unbewachte Verlassen und die Entlassung des Täters aus der Haft verständigt zu werden.

    Verbrechensopfer haben – neben der Möglichkeit, sich als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter am Strafverfahren zu beteiligen – folgende Rechte:

    • Sie können sich vertreten lassen (z.B. durch Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte oder anerkannte Opferschutzeinrichtung).
    • Sie dürfen Akteneinsicht nehmen, sofern ihre Interessen betroffen sind (z.B. bei der Kriminalpolizei im Ermittlungsverfahren) und erhalten eine Aktenabschrift.
      Ausnahme: Wenn durch eine Akteneinsicht der Zweck der Ermittlungen oder eine unbeeinflusste Aussage als Zeugin/Zeuge gefährdet wäre, kann diese verweigert werden.
    • Sie müssen vor ihrer Vernehmung vom Gegenstand des Verfahrens und über ihre wesentlichen Rechte informiert werden.
    • Sie müssen vom Fortgang des Verfahrens verständigt werden.
    • Sie können Übersetzungshilfe erhalten (z.B. Dolmetscherinnen/Dolmetscher). Auf Verlangen des Opfers müssen wesentliche Aktenstücke (z.B. die schriftliche Bestätigung der Anzeige, die Verständigung von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, eine Urteilsausfertigung) übersetzt werden.
    • Sie dürfen teilnehmen an einer
      • kontradiktorischen Vernehmung (keine direkte Gegenüberstellung mit der Beschuldigten/dem Beschuldigten) von Zeuginnen/Zeugen sowie Beschuldigten oder
      • Tatrekonstruktion.
    • Sie dürfen während der Hauptverhandlung anwesend sein und Angeklagte, Zeuginnen/Zeugen sowie Sachverständige befragen und zu ihren Ansprüchen gehört werden.
    • Sie dürfen die Fortführung eines durch die Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahrens verlangen.

    Im Gegensatz zum Zivilverfahren gibt es im Strafverfahren für Privatbeteiligte keine Anwaltspflicht und es erwachsen grundsätzlich auch keine Kosten, weil keine Gerichtsgebühren zu bezahlen sind und auch kein Kostenersatz gegenüber der Angeklagten/dem Angeklagten entsteht, auch wenn diese/dieser freigesprochen wird.

    Falls dennoch anwaltlicher Beistand gewünscht wird, muss dieser von der Privatbeteiligten/vom Privatbeteiligten im Strafverfahren grundsätzlich selbst bezahlt werden (allenfalls Rechtsschutzversicherung). Ist die Vertretung einer Privatbeteiligten/eines Privatbeteiligten durch eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt im Interesse der Rechtspflege, kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Verfahrenshilfe gewährt werden.

    Der Anschluss an das Strafverfahren als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter verschafft neben der Durchsetzung der finanziellen Ansprüche auch ausdrückliche Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte am Strafverfahren, wie z.B. das Recht auf Akteneinsicht, Ladung zu jeder Hauptverhandlung und Verständigung bei Einstellung des Verfahrens.

    Damit Ansprüche im Strafverfahren als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter durchgesetzt werden können, muss ausdrücklich ein bestimmter Betrag verlangt und die Berechtigung dieser Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen werden. Weitere Voraussetzung ist, dass es wegen der Schädigung zu einer Verurteilung der Angeklagten/des Angeklagten kommt.

    Der Anschluss als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter im Strafverfahren sollte so früh wie möglich erklärt werden. Spätestens zur Verhandlung, aber am besten schon bei der polizeilichen Anzeige sollten vorhandene Beweismittel angegeben oder beigebracht werden, das sind z.B. Fotos, Krankenbefunde, Rechnungen, Kostenvoranschläge etc.

    Im Zivilprozess besteht ab einem eingeklagten Betrag von über 5.000 Euro Anwaltspflicht. Bei einer Klage gegen die Schädigerin/den Schädiger fallen also neben der Gerichtsgebühr möglicherweise Kosten für die eigene anwaltliche Vertretung und auch Sachverständigengebühren an.

    Wer die Kosten eines Verfahrens nicht (zur Gänze) selbst tragen kann, kann um Verfahrenshilfe beim zuständigen Gericht ansuchen. Im Rahmen dessen kann auch eine (vorläufige) unentgeltliche Beigebung einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwaltes bewilligt werden. Zu beachten ist, dass die gegnerischen Kosten zu bezahlen sind, sollte der Zivilprozess verloren gehen.

    Das örtlich zuständige Zivilgericht (→ BMJ) ist in der Regel das Gericht, in dessen Sprengel die Beklagte/der Beklagte wohnt oder in dessen Sprengel der Schaden zugefügt wurde.

    Weiterführende Links

    Rechtsgrundlagen

    Letzte Aktualisierung: 1. Jänner 2025

    Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Justiz